Vereinsgeschichte

Am 2. September 1891 unterzeichneten sechs Männer im Rathaus unter den Augen des Bürgermeisters Philipp Wörner die Satzung der zukünftigen Reichentaler Musikkapelle.

Die Gründungsväter der Musikkapelle Reichental:
Remigius Merkel, Franz Xaver Schmitt, August Gerstner, Leo Klumpp, Elias Wieland, Robert Kottler

Der "Vertrag" erscheint auch heute noch lesenswert, deshalb hier einzelne Auszüge:

Bis ins Jahr 1910 marschierten die Männer zum Dirigenten Wilhelm Traub nach Gernsbach. Aus Alters- und Krankheitsgründen übergaben die Gründerväter dann ihre Instrumente an sechs Nachwuchs-Musiker. Die Kapelle erneuerte sich in dieser Zeit komplett.

Die 2. Aufstellung der Musikkapelle Reichental:
Anton Knapp, Xaver Schmitt, Georg Zapf, August Zapf, Kornel Kast, Adolf Zapf

Auch diese Musiker mussten zum Proben nach Gernsbach gehen. Die Dirigenten hießen Hermann und Kühn. Wenige Jahre blieben den jungen Männer bis zum Beginn des 1. Weltkriegs. Der 27-jährige Adolf Zapf und weitere 44 Männer aus dem Dorf verloren in diesem Krieg ihr Leben. Bereits im ersten Jahr nach Kriegsende gab es eine neue Kapelle.

Die 3. Aufstellung der Musikkapelle Reichental:
Wilhelm Wieland, Bernhard Merkel, Kornel Merkel, Anton Knapp, Xaver Schmitt, Georg Zapf

Bernhard und Kornel Merkel waren Glücksgriffe für die Kapelle. Beide blieben 44 Jahre - bis 1963- aktive Musiker. Kornel Merkel war in dieser Zeit auch erster Vorstand und musikalischer Leiter der Kapelle. Die Musiker bereicherten in dieser Zeit das kulturelle Leben des Dorfes. Es wurde sowohl bei kirchlichen wie auch bei weltlichen Anlässen gespielt. Das Spielen am Heilig Abend gab es wahrscheinlich schon um 1910, sicher aber seit dem Ende des 1. Weltkrieges. Dieser schöne Brauch wird auch heute noch gepflegt.

Die Proben fanden reihum bei den einzelnen Musikern statt. In den zwanziger Jahren wurde das Repertoir anspruchsvoller, und die Auftritte häufiger. Kornel Merkel, der die Ämter des Vorstandes und des Dirigenten in Personalunion inne hatte, war dazu aktiver Musiker. Mit der Einstellung des Dirigenten Valentin Gerstner im Jahr 1928 wurde er entlastet. Gerstner stammte aus Langenbrand. Er leitete die Kapelle von 1928 bis 1970. Ende der zwanziger Jahre wurde sogar in einem eigenen Proberaum - der "Fortbildungsschule" geprobt, von den älteren Reichentaler noch heute liebevoll als "Kochschule" bezeichnet.

Es folgten Jahre des wirtschaftlichen Niedergangs mit Inflation und Massenarbeitslosigkeit. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden Vereine und Gruppierungen sofort für deren Zwecke vereinnahmt. Und so durfte auch die Musikkapelle nur noch nationalen Zwecken dienen.

Der zweite Weltkrieg kostete 66 Männern aus Reichental das Leben, darunter der Musiker Bernhard Merkel.

Die 4. Aufstellung der Musikkapelle Reichental:
Mit 14 Musikern begann nach Kriegsende die Probearbeit, wieder mit dem Dirigenten Valentin Gerstner. Bis auf Bernhard Merkel, desssen Instrument vom jungen Hellmut Merkel übernommen wurde, fanden sich alle Musiker wieder zusammen. Ambros Wieland gab aus gesundheitlichen Gründen seine aktive Tätigkeit in der Kapelle auf.

In den folgenden Jahren hatte die Kapelle regelmäßige Auftritte an Fronleichnam, beim Patrozinium und der Erstkommunion. Die Glockenweihe am 29. Mai und ein Betriebsfest der Forstverwaltung waren 1949 die Höhepunkte. In den sechziger Jahren wurde bis in die frühen Morgenstunden zum Fastnachtstanz aufgespielt.

Im November 1954 folgten viele Reichentaler einer besonderen Einladung in den "Grünen Baum". Aus der Musikkapelle sollte ein Musikverein werden.

Während die Kapelle ein Stück nach dem anderen spielte, wuchs eine Liste, die bereits die Runde machte, auf stattliche 75 Mitglieder an.

Aber es bedurfte einer 2. Gründerversammlung, bis die Vorstandschaft und der Name des Vereins feststanden. Über den Vereinsnamen wurde lange diskutiert. Schließlich gab eine Felsformation dem Verein den Namen. Der Orgelfelsen, aus geologischer Sicht entstanden durch "Wollsackverwitterung", liegt oberhalb Reichentals, und man verband mit dem Felsen diesen Wunsch: "Möge die Musikkapelle Orgelfels wie eine Orgel ihre Klänge ertönen lassen, und möge der Verein wie ein Fels immerfort bestehen bleiben."

Nach 36 Jahren als Vorstand übergab am 10. Februar 1963 Kornel Merkel das Amt des Vorsitzenden an seinen Sohn Helmut Merkel. Kornel Merkel wurde noch am gleichen Abend zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Wie alte Fotos zeigen traten die Musiker anfangs in ihrem privaten Sonntagsstaat auf. Eine blaue Schildkappe sorgte später für ein einheitlicheres Bild. In den fünfziger Jahren präsentierten sich die Musiker in schwarzen Anzügen mit einer verzierten Schildmütze.

Anfang der sechziger Jahre beschloss man eine einheitliche Uniform für die Musiker anzuschaffen. An Fronleichnam 1963 hatte der Verein seinen 1. Auftritt in der neuen Bekleidung. Bei schlechtem Wetter wurde sie aber geschont und man trug lieber Zivilkleidung. In den folgenden Jahren spielte die Kapelle bei zahlreichen Gelegenheiten.

Bei der Generalversammlung am 23. März 1969 trat Helmut Merkel nach sechs Jahren als Vorsitzender zurück und Oberlehrer Hermann Berny trat an seine Stelle.

1973 gab Hermann Berny aufgrund seiner Pensionierung seine Vorsitz ab und Ambros Wieland, der bisherige Schriftführer wurde erster Vorsitzender des Vereins. Und es sollte bald noch ein Wechsel folgen.

Nach 44-jähriger Dirigentschaft gab 1970 Valentin Gerstner den Dirigentenstab an Hugo Braun ab. Mit ihm begann eine neue musikalische Ära.

Hugo Braun kündigte 1974 Jahr seinen Vertrag und Heinz Osygus, ein Profimusiker des Südwestfunks, übernahm nun das Dirigat.
Nun gab es eine Welle von Auftritten und Aktivitäten, die in ihrer Art neu und unkonventionell waren. 1974 waren die Musiker - nun auch wieder mit einer neuen Uniform - ingesamt 80 Mal im Einsatz.

Fastnacht in Reichental
Schon in den dreißiger Jahren spielten die Musiker jährlich abwechselnd in den beiden Gasthäusern zum Fastnachtstanz auf. Bei der Generalversammlung 1960 äußerte Bürgermeister Merkel den Wunsch mit zwei Besetzungen zu spielen, so dass in beiden Gasthäusern getanzt werden konnte. Diesem Wunsch wurde gern entsprochen, aber Mitte der sechziger Jahre war die Zeit der Blaskapelle auf diesem Gebiet vorbei. Die Tanzkapellen mit ihren elektronischen Verstärkern setzten sich durch. An eine eigene Fastnachtsveranstaltung wagte sich der Verein erst 1977. Nach dem Rosenmontags-Umzug, der schon seit 1962 von den verkleideten Musikern angeführt wird, schloss sich eine Kostümpremierung für die Kinder an. Am Abend wurde der erste Rosenmontagsball mit einer Tanzkapelle gefeiert. Ein Jahr später wurde auch am Fastnachtsonntag zum Tanz aufgespielt. Nach dem Umzug am Rosenmontag präsentierten die Musiker zuerst ein kleines Unterhaltungsprogramm. Dieses Programm wurde dann ab 1989 auf den Abend des Fastnachtssonntag gelegt und füllt bis zum heutigen Tag unsere Turnhalle bis auf den letzten Platz.

Im Jahr 1979 gab es erstmals "Zuwachs" in der Vorstandschaft. Bedingt durch die immer größer werdende Zahl junger Musiker im Verein wurde zum ersten Mal mit Edgar Klumpp ein Jugendvertreter gewählt.

Die magische Grenze von 200 Mitgliedern wurde in diesem Jahr überschritten und die Kapelle wirkte wieder bei zahlreichen Auftritten mit.

1980 feierte der Verein sein 25-jähriges Bestehen und im Lauf des Jahres blieb die Kapelle keine reine Männerdomäne, denn Petra Schmitt und Edith Merkel unterstützten jetzt die Klarinetten-Gruppe.

Zu Beginn der achtziger Jahre kam es zu mehreren Wechseln in der Vorstandschaft. Krankheitsbedingt gaben Felix Zapf und Ambros Wieland nacheinander ihre Ämter in jüngere Hände. Ambros Wieland wurde nach 30 Jahren Arbeit in der Vereinsführung zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Neuer erster Vorsitzender wurde 1985 Edgar Sieb, das Amt des zweiten Vorsitzenden übernahm Walter Merkel. Der letzte Wechsel vollzog sich 1989. Der damalige Schriftführer Guido Wieland wurde zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Und es gab einen räumlichen Wechsel. Die Proben fanden ab Januar 1982 nicht mehr in der Kochschule, sondern in einem ehemaligen Klassenzimmer der neuen Schule statt.

Nach der Kündigung von Heinz Osygus konnte 1984 Hugo Moser - ein Mitglied der "Schwarzwaldmusikanten" - als Dirigent gewonnen werden. Unter seiner Leitung wurde die Tradition der Muttertagskonzerte begründet, die sich bis heute kein Musik-Liebhaber entgehen lässt.

Im Jahr 1985 wurden zahlreichen Auftritten absolviert, u.a. die Verabschiedung von Ortsvorsteher Oswald Sieb und die Einführung von Edgar Sieb.

Auf den Dirigenten Hugo Moser folgte 1987 der Berufsmusiker Andreas Michel. Sein Einstand waren "3 Kilometer Marschmusik" - ein Auftritt in Mühlhausen-Ehingen bei hochsommlichen Temperaturen.

Einer der Höhepunkte der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Musikkapelle im Jahr 1989 war sicherlich die Verleihung der PRO-MUSICA-Plakette. Sie ist eine Anerkennung für die langjährigen Verdienste um die Pflege der Musik und des kulturellen Lebens. Eine Delegation aus Reichental nahm in Bremerhaven an den Feierlichkeiten dazu teil.

Zum Geburtstag bekam die Musikkapelle auch einen neuen Dirigenten. Heiko Götz übernahm das Dirigat von Andreas Michel.

Im Jahr 1993 kam es wieder zu tiefgreifenden Personaländerungen. Edgar Sieb gab den Posten des 1. Vorsitzenden an Guido Wieland ab und Karl Wannenmacher wurde 2. Vorsitzender.

1997 erfuhr der Musikverein einen weiteren positiven Entwicklungsschritt: Die Förderung der Jugend wurde Schwerpunkt. Unter der Leitung von Volker Schmitt wurde die Jugendkapelle gegründet. Viele Jugendliche wagten hier ihre ersten musikalischen Versuche. Bedingt durch den Wegzug ihres Leiters Volker Schmitt wurde sie im Jahr 2003 leider aufgelöst.

1999 köndigte Heiko Götz seinen Vertrag und Diana Jordan wurde die neue Dirigentin des Musikvereins. In diesem Jahr gab es noch einen Wechsel: Erhard Klumpp übernahm von Karl Wannemacher das Amt des 2. Vorsitzenden. Die Mitwirkung des Vereins bei der SWR 4-Sendung "Morgenläuten" im Jahr 2000 war sicherlich der Höhepunkt des Jahres.

Ein Jahr später konnte der Verein das 110-jährige Bestehen der Musikkapelle feiern.

Im Jahr 2005 gab es erneut Grund für ein Fest. Der Musikverein wurde 50 Jahre alt.